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Dieter Meichsner


Dieter Meichsner
über...

 

...das Fernsehspiel

...die Unmöglichkeit die Regeln des Journalismus in ein Statut zu fassen

... sein nicht realisiertes Projekt „Feuer und Wasser: Vietnam“

... Schriftsteller, die vor dem vulgären Massenmedium immer noch zurückscheuen

... den Grimme-Preis (Dankesrede)

... Karrieremuster – Karrieremythen

... den "TATORT"

... die durch hemmungslose Anpassung an den angeblich breiten Geschmack vergraulte Elite im Publikum

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Worte sind geladene Pistolen “ – vielleicht wird der Satz, den Sartre so gerne zitierte, erst voll zutreffen auf die Worte, die nicht mehr geschrieben, sondern im Fernsehen ausgesprochen werden... “
Dieter Meichsner

Dieter Meichsner über...
 


Über Fernsehspiel:
„Ist Fernsehspiel vielleicht doch nur ein Zwitter, wie seine Verächter argwöhnen – nicht mehr Theater, nur beinah Kino, ästhetisch unerhebliche Gebrauchsware für die Glotze? Um die Verwirrung zu vervollständigen, schlug neulich ein Regisseur vor, wir brauchten nur ein neues Signet: Fernsehfilm statt Fernsehspiel. Er irrt. Erstens ist das Fernsehspiel, wenn schon, näher dem Roman verwandt. Zweitens reichen für die Bestimmung seiner Eigenart traditionelle Definitionen nicht hin.

„Einmal im Leben“, Handke/Wedels frei erfundene Geschichte der Tücken eines Hausbaues, „Clara Heydebreck“, Fechners Bericht eines Lebens, zusammengefügt aus Dokumenten, „Bauern, Bomben, Bonzen“, Monks TV-Version von Falladas Roman – das alles sind Fernsehspiele, weil sie ein banales, aber grundlegendes Kriterium erfüllen: Ein Fernsehspiel entfaltet seine volle Wirkung nur am Fernsehgerät, in alltäglicher Umgebung, vor kleinen Gruppen.

Als Faustregeln noch ein paar Unterscheidungsmerkmale: Wer ins Kino geht, zieht sich, mitsamt seinen Träumen, aus der Welt zurück.

Fernsehspiel hingegen sollte gesättigt sein von der Realität, die den Zuschauer umfängt, während er es betrachtet: Als verfolge er live ein Geschehen, das sich den Augenblick in seiner Nachbarschaft ereignet, selbst wenn es von Menschen handelt, die in Timbuktu zuhause sind oder vor hundert Jahren lebten. Der Fernsehzuschauer ist längst daran gewöhnt, dank TV jederzeit und überall dabei“ zu sein.

Kino vergrößert Bild, Gestus, Geräusch, Es hat das überdimensionale Gesicht hervorgebracht. Das Fernsehspiel führt das Antlitz auf menschliches Maß zurück. Es hat hervorragende Schauspieler nötig, aber einen Star (wie das Kino) vermag es nicht zu schaffen. Denn der Darsteller sollte sich – bis zur Selbstverleugnung, den leibhaftigen Gestalten anschmiegen, die rings um das Fernsehspiel – in den Nachrichten, in der Show, in einer Reportage – den Bildschirm bevölkern. Ihnen muss er bis zur Verwechslung gleichen, will er Glaubwürdigkeit erreichen...“

(In „Die Welt“, 19. 8. 89 )

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Über die Unmöglichkeit die Regeln des Journalismus in ein Statut zu fassen:

„Ich erinnere mich eines Seminars in Jerusalem, „The Media and the Wars“. Journalisten aus aller Herren Länder debattierten, ob sich nicht die Regeln verlässlicher Berichterstattung in einen Codex oder wenigstens ein verbindliches Statut fassen ließen. Da trat schließlich einer der großen alten Reporter der BBC auf und erklärte rundheraus – solche geschriebenen Regeln oder gar Paragraphen seien Unfug. Es gäbe aber drei Voraussetzungen, die ein Journalist, der diese Berufsbezeichnung verdiene, zu erfüllen habe: CREDIBILITY, RESPONSIBILITY, INTEGRITY.“ Glaubwürdigkeit, Verantwortungsbewusstsein, Integrität.

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Über sein nicht realisiertes Projekt „Feuer und Wasser“:
Vietnam, der längste, der Dreißigjährige Krieg des 20. Jahrhunderts.
TV als Zeitmaschine: Hanoi 1987, Washington 1965, Paris 1945, Berlin 1968, Dien Bien Phu 1954, Saigon 1975.

„Gebirge von Gebeinen, Ströme von Blut.“

Wie können wir, leidlich vernünftige und darum halbherzige Gesellschaften, es mit Gegnern aufnehmen, die sich immer – erst recht in vermeintlichen Friedenszeiten – in einem Zustand des „Heiligen Krieges“ befinden und bereit sind, um des Endziels willen, alle Welt, nötigenfalls auch sich selbst, zugrundezurichten, statt sich auf einen unserer Denkweise gemäßen Kompromiss einzulassen: Ho Chi Minh, der vermeintlich liebe Onkel Ho: „Selbst wenn sich Gebirge von Gebeinen anhäufen und Ströme von Blut fließen – wir werden unseren Kampf solange fortsetzen, bis wir die Unabhängigkeit erreicht haben.“

Vietnam – als Modell unwiederholbar – wird das Muster abgeben für die Konflikte, die vor uns liegen, für die Erhebung des Islam, selbst für die Binnenterroristen-Szene. Meine Thesen werde ich nicht als Traktat vortragen, sondern im Epos veranschaulichen, in der Reportage, im akribisch präzisen Polit-Thriller. Voller Frauenrollen, Frauen, Frauen, die ihre Männer, Söhne, Enkel, Geliebten an fernen Orten verloren, von deren Beschaffenheit sie nicht die geringste Vorstellung hatten, in Metzeleien, deren Notwendigkeit ihnen niemand begreiflich zu machen vermochte. Nicht die Politikern die ihnen einen Sinn des Geschehens nicht zu vermitteln vermochten, weil sie selbst blind waren. Oder, sofern sie zu sehen imstande waren, wussten, dass sie einem Verhängnis entgegen tappten – die Gründe sind zu beschreiben, warum sie dennoch nicht innehielten.

Erst recht nicht die Journalisten, Reporter, Kommentatoren, Kriegsberichterstatter, immer im Getümmel, mit Mikrophon und Kamera, den beiden Instrumenten, die heute noch als unbestechliche Zeugen gelten, obgleich Jedermann längst wissen könnte, wie schamlos sie entstellen, verkürzen, lügen. So dass wir, das Fernsehen, unsere Hände nicht mehr in Unschuld waschen dürfen, indem wir behaupten, wir bildeten ja nur ab. Weil die Abbilder, die wir erschaffen, oft stärkere Wirkungen hervorrufen als die Ereignisse, die sie scheinbar objektiv erfassen; Ereignisse, die von vorgeblich unvoreingenommenen Beobachtern solange ohne Unterlass kommentiert, immer aufs Neue beschwafelt und zersetzt werden, bis sich das tatsächliche Geschehen und seine Ursachen in einem Nebel von Kommentaren gänzlich verflüchtigt hat und durch die Meinung von Publizisten und desorientierten Politikern ersetzt worden ist.

„Worte sind geladene Pistolen“ – vielleicht wird der Satz, den Sartre so gerne zitierte, erst voll zutreffen auf die Worte, die nicht mehr geschrieben, sondern im Fernsehen ausgesprochen werden...“

(Gespräch mit Dieter Meichsner in NDR Information, vom 13. 01.1988)

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Über Schriftsteller, die vor dem vulgären Massenmedium immer noch zurückscheuen :
„Sie seien erinnert an die Forderung, die Theodor Fontane an den Roman richtete: „Das wird der beste Roman sein, dessen Gestalten sich in die Gestalten des wirklichen Leben einreihen, sodass wir in Erinnerung an eine bestimmte Lebensepoche nicht mehr genau wissen, ob es gelebte oder gelesene Figuren waren, ähnlich wie manche Träume sich unserer mit gleicher Gewalt bemächtigen wie die Wirklichkeit.“

Wenn solche Magie, die Vermengung von „Fiktion“ und „Realität“ einem Autor allein durch Sprache gelingt, wie viel leichter fällt es, mit den abgefeimten Täuschungsmitteln unseres Mediums erfundene Gestalten so leibhaftig real wirken zu lassen, dass sie sich ununterscheidbar einreihen in die wirklichen Figuren, die vor und nach dem Spiel die Mattscheibe bevölkern.“

(ARD Pressedienst 1989)

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Über den Grimme-Preis (Dankesrede)

„...unversehens ist mir – nach achtundzwanzig Jahren – noch einmal der Grimme-Preis zugefallen. Achtundzwanzig Jahre – da kam ich erst recht ins Grübeln. Ich vermute, in diesem Saal werden außer mir nicht viele so uralte, vorzeitliche TV-Geschöpfe vorkommen. Als Fernseh-Mensch bin ich ja noch ein paar Jahre älter als das Geburtstagskind, der Grimme-Preis.

Und als ich – Anno achtundfünfzig – mit dem Fernsehspiel „Besuch aus der Zone“ in die Fernsehwelt eintrat, geschah es gleich mit öffentlichem Klamauk. Den hatte ich nicht beabsichtigt, bestimmt nicht; genauso wenig wie später. Glauben Sie mir, es wäre mir wohler gewesen, wie sagt man, immer im Trend zu liegen, aber irgendwie ist mir immer wieder der Zeitgeist dazwischengekommen.

Nun stehe ich trotzdem hier, freue mich und frage: Wie ist das zugegangen?

Andererseits will ich ja auch nicht ausschließen – man ist ja auch bloß Mensch – dass an der liebenswürdigen Begründung etwas dran sein könnte.

Und ich könnte mich besonders damit befreunden, wenn ich diese Auszeichnung kollektiv entgegennehmen könnte, nicht für mich allein oder auch nur für die Autoren, Regisseure, Redakteure, die unser kritischer Freund Valentin Polcuch als erster einmal die „Hamburger Schule“ nannte – nein, ich gehe noch einen Schritt weiter und verstehe es so, als wäre der Preis der Gattung insgesamt verliehen, deren Dahinsiechen schon so viele Male diagnostiziert wurde – ja, totgesagt war sie schon häufig, und ist doch weiter am Leben. Gälte also die Auszeichnung dem deutschen Fernsehspiel, nähme ich sie erst recht vollen Herzens entgegen.

Was ist das eigentlich, ein Fernsehspiel, deutsches Fernsehspiel? Ich werde mich hüten, es auf einen Begriff zu bringen und so unterschiedliche Temperamente wie Beauvais, Fechner, Itzenplitz, Lilienthal, Waldmann undsofort über einen Leisten zu schlagen.

Es ist, wie es ist, allmählich herangewachsen, in einer Vielzahl von Arten und Formen: „Soweit die Füße tragen“, „Ein Tag“, „Einmal im Leben“, „Unternehmen Walküre“, „Wie eine Träne im Ozean“, „Der Attentäter“, „Erinnerung an einen Sommer in Berlin“, alles Fernsehspiele, so wie „Nachrede auf Clara Heydebreck“ und „Das Haus nebenan“...

Es gab, soviel ich weiß, nie eine Verabredung, schon gar keine gemeinsame Absichtserklärung, wie Fernsehspiele zu beschaffen sein hätten. Wir hatten uns in den Kopf gesetzt. Eine dem neuen Medium angemessene Eigenart zu erschaffen; und nicht nur aus Rückständen des Spielfilms und des Dramas einen Zwitter in die Welt zu setzen.

Aber ich denke, über zwei Sätze hätten wir uns sofort verständigt: „Das künstlerische Schaffen hat nur insofern einen Wert, als es ermöglicht, die Wirklichkeit zu zeigen, den Menschen zur Selbsterkenntnis zu verhelfen und sie instand zu setzen, allen Formen der Täuschung und der Lüge zu entgehen.“

Es ist mir klar: Der Satz verrät herzlich wenig ästhetische Raffinesse. Er klingt eher muffig und belehrend, altväterlich, eben deutsches Fernsehspiel – oder, beinah noch schlimmer, Volkshochschule. Der Satz stammt vom großen Anton Tschechow und ist noch so notwendig wie vor hundert Jahren.

Ein zweiter, über den wir uns genauso rasch hätten einigen können, stammt nun tatsächlich von einem Fernsehmacher – und was für einem! Egon Monk: „Wir wissen, dass wir nicht für Minderheiten, sondern für Mehrheiten arbeiten.“

Das war lange, ehe die Debatte über Nutzen oder Wahnwitz von Quoten einsetzte. Aber wir sollten uns beide Sätze immer wieder hinter die Ohren schreiben.

Ich weiß wohl: Beides zugleich – also Mehrheiten wahrhaftig die Wirklichkeit zu zeigen, wie es Tschechow verlangt, st das Schwerste und gelingt selten. Aber wir dürfen uns nicht mit der wohlfeilen Arbeitsteilung begnügen – 80% Ramsch für die Mehrheiten, 10% dürfen Kunst sein.

Wir dürfen nicht ablassen, uns um die Quadratur des Kreises zu bemühen, sonst könnte leicht geschehen, dass wir unsere Würde oder die Zuschauer verlören, am Ende beide...“

(anlässlich der Verleihung des Grimme-Preises, 1994)

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Über Karrieremuster – Karrieremythen

„...fast alles hing vom Glück meines Jahrganges ab – oder richtiger: Dass ich aus der Hitler-Götterdämmerung ungeschoren davongekommen bin. Meine Karriere hätte nicht beginnen können, wäre es in den letzten Tagen des April 1945 in Berlin nach Leistung und Gerechtigkeit zugegangen oder nach Talent oder Erfahrung im Straßenkampf. Nur, anders als siebzehnjährige Altersgenossen überlebte ich.

Dieses Überlebensglück hat mir einen doppelten Vorsprung verschafft: Erstens eine für mein Alter ungewöhnliche, direkt vermarktbare Lebenserfahrung. Zweitens die Tatsache, dass Krieg und Verfolgung unter den Wettbewerbern so entsetzlich aufgeräumt hatten, dass am Fuße unserer Karriereleiter nur Grüppchen herumstanden; es schubsten sich nicht, wie heute, haufenweise die Konkurrenten von der ersten Stufe weg...

Als ich mein erstes Buch geschrieben hatte, einen Erlebnisbericht – ich war neunzehn, - fiel das Manuskript beim Rowohltverlag – der Alte, der Hüne lebte noch – nicht irgendeinem der Lektoren in die Hand, sondern zufällig dem Chef, Kurt W. Marek, Ihnen sicher besser als C.W. Ceram, Verfasser des ersten deutschen Sachbuch-Bestsellers „Götter, Gräber und Gelehrte“ bekannt.


Daraus ergab sich alles Weitere: Erst ein kleiner Roman, den meine fünfundvierziger Erfahrungskiste noch hergab. Inzwischen, in Berlin-Ost und –West, erlebte ich neuerlich Zeitgeschichte aus erster Hand, mit reichlich weiterem Stoff für den Roman „Die Studenten von Berlin“.

Ich brauchte danach nie mehr einen Menschen mit einem unverlangt eingesandten Manuskript zu belästigen,

Ein Kommilitone vermittelte mich an den Feature-Redakteur beim SFB, Hans-Joachim Hohberg. Auch wenn Sie den Namen gleich wieder vergessen – ich nicht. Und warum ich die Namen nenne, unbedingt nennen muss – das erkläre ich Ihnen am Schluss.

Dann stiftete mich einer der Funk-Regisseure, Ulrich Lauterbach in Frankfurt, zu meinem ersten Hörspiel an, „Besuch aus der Zone“. Auf das hin klopfte erst der Intendant „Micky“ Stark aus Saarbrücken bei mir an, aber noch ehe „Besuch aus der Zone“ dort auf der Bühne uraufgeführt wurde, hatte Helmut Pigge vom Süddeutschen Rundfunk nach einer Option auf ein Fernsehspiel angefragt. Option – ich wusste damals, aufrichtig, nicht, was das ist. Als ein Vetter mir riet, ich sollte tausend Mark dafür verlangen, hielt ich ihn für verrückt...

Dass das Fernsehspiel für mein Temperament, vielleicht mein spezifisches Talent oder meine Ahnung davon, wie man heute von unserer Welt erzählen muss, das angemessene Medium ist und gerade rechtzeitig für mich erfunden, das wusste ich damals noch nicht...

Das Fernsehspiel „Besuch aus der Zone“, 1959, erregte Klamauk bis in den Bundestag und wird deswegen oft zitiert...Der Bundesinnenminister wünschte mich zum Teufel – also nach drüben; aber der Stuttgarter Intendant, der auch wegen „Besuch aus der Zone“ sein Amt verlor, saß in der Jury des Schiller-Preises von Baden-Württemberg und hat mir, als Vergeltung dafür, was ihm angetan worden war, meinen ersten literarischen Preis verschafft.

Als das Stuttgarter Team (Gottschalk, Pigge) nach München wechselte, zur BAVARIA, zog ich mit. Inzwischen hatten sich Helmut Krapp und Rolf Hädrich aus Frankfurt gemeldet, aus Mainz Gerhard Prager vom ZDFF. Schließlich lockte mich Egon Monk – er hatte mein Drehbuch „Preis der Freiheit“ inszeniert – von meinem Autor-Schreibtisch in Berlin weg, in ein Büro beim NDR in Hamburg. Auf drei Jahre war der Vertrag ausgestellt – das erschien mir furchtbar lang; ein Jahr später wechselte Monk zum Theater; man fragte mich – ich war in keiner Partei, aber das interessierte damals noch nicht, jedenfalls in meinem Fall nicht.

In Hamburg habe ich dann, mehr als zwanzig Jahre lang, nichts anderes zu tun versucht als das, was ich zwanzig Jahre lang von Redakteuren und Dramaturgen gewöhnt war: Ich hörte zu, sah hin, schrieb Briefe, telefonierte. Ja und brütete tagelang mit einem Autor über seinem Manuskript oder mit dem Regisseur am Schneidetisch...

Wo bleibt der Karriere-Mythos? Nun, ein paar Erfolgs-Geschichten sind dabei abgefallen, zum Beispiel habe ich Wolfgang Petersen und Dieter Wedel entdeckt. Wie geht es bei einer solchen Entdeckung zu?

...So wie ich vor Gabelungen meines Berufslebens Redakteuren, Dramaturgen zum richtigen Zeitpunkt begegnet bin, trafen Wedel und Petersen und ein paar Andere im richtigen, das heißt notwendigen Augenblick auf mich. So mag es wohl angehen, dass ich sagen darf, ich hätte sie entdeckt...

( Medientage München 1994)

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Über TATORT

Was war am TATORT früher anders? Sehen wir einmal von der Tatsache ab, dass damalsalles viel besser war.

Das Motiv, die Reihe zu eröffnen, war eher banal, auf jeden Fall höchst praktisch. Wenn ich mich nicht täusche, sitzt von den damaligen Kollegen nur noch Hans Prescher beim Hessischen Rundfunk am selben Schreibtisch. Er könnte es bezeugen oder mir widersprechen: Wir notorischen ARD-Föderalisten wollten mit dem TATORT beweisen, was wir zu leisten vermöchten, wenn wir unsere Kräfte bündelten. Wir wollten dem „Kommissar“ des ZDF eine langdauernde Reihe entgegensetzen.

Ursprünglich wollten wir dem TATORT Untertitel beigeben. Also TATORT Köln, TATORT Stuttgart, TATORT Hamburg und so weiter. Denn das war unsere Absicht: Jeder TATORT sollte unverwechselbar und authentisch eine Krimi-Geschichte aus der jeweiligen Region erzählen. Wir zielten vorsätzlich gegen das Münchener Krimi-Atelier des ZDF mit seinen synthetischen Milieus und Schauplätzen.

Und keiner von uns hätte damals eingeschränkt, TATORT erzähle ja „nur“ Märchen. Diese Ausrede wurde erst später erfunden, so oft ein TATORT wieder mal einen wirklichkeitsfremden Plot unter unglaubwürdigen Figuren abhandelte. Nein...soviel war Vereinbarung: TATORTE sollten „stimmen“...sonst hätten wir Hamburger seinerzeit nicht Friedhelm Werremeier als Autor gesucht.

Er hat denn auch Tatort-Skripts geschrieben (nicht mühsam am Schreibtisch erzwungen!), die sich mit den akuten Voraussetzungen von Verbrechen, mit der Wirklichkeit der Aufdeckung und mit der heiklen Frage strafrechtlicher Ahndung beschäftigten...

TATORT – jedes Mal ein Fernsehspiel-Krimi, der sich abhebt von der Fließband-Produktion amerikanischer oder einheimischer Serien. Das hat den TATORT einmal ausgezeichnet.

(in DAS ERSTE; Nr. 7, 12/90)

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Über die durch hemmungslose Anpassung an den angeblich breiten Geschmack vergraulte Elite im Publikum:

Dieter Meichsner hält fest: Die Hamburger Schule war eher eine Akademie. Oder sagen wir eine Klasse aus lauter Meisterschülern. Fechner, Hädrich, Monk und Wedel, Marcel Ophüls, Lilienthal. Auch Jürgen Roland. Oder Robert Stromberger. Die Liste scheint endlos. Jeder Name ein Stück Fernsehgeschichte...Wir waren nicht Manager und nicht Verwalter. Die Hamburger Schule – das waren Macher.

Er selbst hat nach Einschaltquoten nie gefragt: „Mußte ich ja nicht. Ich hatte sie ja,“ Mit Strombergers „PS“, mit der Hausbau-Saga „Einmal im Leben“ und später mit seinen Schwarz-Rot-Gold-Krimis. Sendungen, die den Professor ebenso an den Bildschirm zogen wie seine Putze, und darauf kommt es an: „Dass zur Masse der Wechsel-Seher der harte Kern einer intellektuellen Minderheit stößt. Erst aus dieser Mischung erwächst der wirklich große und nachhaltige Erfolg.“

Eiserne Regeln, sträflich vernachlässigt. Die Serieritis grassiert. Immer flacher. „Die große Schuld des Fernsehens war es wohl, durch hemmungslose Anpassung an den angeblich breiten Geschmack die Elite im Publikum vergrault zu haben.

(Die Welt, 22. 8. 93)

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